1.1 Zentrale Ergebnisse

Auf einen Blick:

In ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen nahm die Beschäftigung von Pflegekräften zwischen 2005 und 2019 stetig zu. Zwischen 2019 und 2021 zeigte sich erstmals ein Rückgang, allerdings bei gleichzeitig höheren Vollzeitquoten. Auch der Beschäftigtenstand im Funktionsbereich Pflege in den hessischen Krankenhäusern hat seit 2005 kontinuierlich zugenommen. In Rehabilitationskliniken sind dagegen von Jahr zu Jahr weniger Pflegekräfte tätig. In Altenhilfeeinrichtungen bildet das ‚sonstige Pflegepersonal‘ die größte Gruppe an Pflegekräften, in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken sind es die Gesundheits- und Krankenpfleger/innen.

Hinsichtlich der Arbeitsmarktsituation in der Pflege gab es im Jahr 2006 noch in allen Pflegeberufen und Qualifikationsebenen Angebotsüberhänge. In den Folgejahren hat die Nachfrage nach Pflegekräften stark zugenommen, sodass das Angebot an Pflegekräften die Nachfrage nicht decken konnte. 2012 folgte durch verstärkte Ausbildungsanstrengungen und eine gesunkene Nachfrage eine leichte Entspannung, bis zum Jahr 2018 ist die Nachfrage nach Pflegekräften jedoch wieder stark gestiegen. Im Jahr 2020 haben insbesondere die ambulanten Dienste weniger Pflegekräfte nachgefragt, sodass die Nachfrage insgesamt rückläufig war. Die Corona-Pandemie hat sich zumindest zu Beginn negativ auf die Inanspruchnahme ambulanter Pflege seitens der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ausgewirkt. Im Jahr 2022 ist die Nachfrage insbesondere in Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen deutlich gestiegen. Das verfügbare Angebot hat nicht in gleichem Maße zugenommen.

Die Folge sind für das Jahr 2022 Defizite für alle Pflegeberufe und auf allen Qualifikationsebenen, die zumeist höher ausfielen als in den vergangenen 10 Jahren. Lediglich für Altenpflegehelfer/innen und Krankenpflegehelfer/innen waren die Engpässe im Jahr 2018 noch größer als in 2022.

Setzt man die Salden in Relation zum aktuellen Beschäftigtenstand, so wird erkennbar, wie hoch die Unterdeckung im Verhältnis zum Beschäftigtenstand in der jeweiligen Berufsgruppe ausfällt. Demnach fehlten bezogen auf den Beschäftigtenbestand bei den Altenpflegern/innen 15 Prozent, bei den Altenpflegehelfern/innen sogar 22 Prozent.

Die Mehrheit der neu eingestellten Pflegefachkräfte im Jahr 2022 wurde aus einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis rekrutiert. Erfahrungen mit Anwerbung im Ausland haben vor allem Krankenhäuser gesammelt. Trotz aller Versuche, Pflegepersonal zu gewinnen, waren Stellenbesetzungsprobleme im Jahr 2022 sowohl in den Krankenhäusern als auch in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen weit verbreitet. Ein Teil der offenen Stellen wurde mit Leiharbeitskräften besetzt.

Die Vorausberechnungen des zukünftigen Bedarfs an Pflegefachkräften in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen ergaben für das Jahr 2040 hessenweit einen demografiebedingten Erweiterungsbedarf von 7.971 Altenpfleger/innen und 3.910 Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen in Vollzeit. Im Vergleich zum Beschäftigtenstand des Jahres 2021 entspricht dies einem Mehrbedarf von 55 Prozent (Altenpfleger/innen) bzw. 56 Prozent (Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen).

Hinzu kommt, dass ein beträchtlicher Teil der derzeit tätigen Pflegefachkräfte altersbedingt aus dem Beruf ausscheiden wird. Bis 2040 müssen im Versorgungssektor der Altenpflege in Hessen 7.235 Altenpfleger/innen und 4.084 Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen ersetzt werden. Der altersbedingte Ersatzbedarf (bezogen auf den Beschäftigtenstand des Jahres 2021) beträgt 49 Prozent für die Berufsgruppe der Altenpfleger/innen und 58 Prozent für die Berufsgruppe der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen.

Auch die Akutkrankenhäuser sind mit einem demografiebedingten Erweiterungsbedarf und einem altersbedingten Ersatzbedarf konfrontiert. Der Erweiterungsbedarf fällt allerdings mit jeweils 13 Prozent für Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen und Altenpfleger/innen bis zum Jahr 2040 deutlich geringer aus als in der Altenhilfe. Anders sieht es beim altersbedingten Ersatzbedarf aus: Bis 2040 werden mit 51 Prozent der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen und 45 Prozent der Altenpfleger/innen erhebliche Teile des Beschäftigtenbestandes altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden.

Die Besetzung angebotener Ausbildungsplätze für Pflegefachmänner/-frauen und Pflegehelfer/innen gestaltet sich vielerorts als schwierig. Krankenhäuser und stationäre Pflegeeinrichtungen konnten in 2022 einen geringeren Anteil angebotener Ausbildungsplätze besetzen als zwei Jahre zuvor.

Ein Teil der hessischen Pflegeschulen hat im Jahr 2022 Anpassungsmaßnahmen für Pflegefachpersonen aus dem Ausland angeboten. Bislang haben sich die ehemaligen Krankenpflegeschulen in diesem Feld stärker engagiert als die ehemaligen Altenpflegeschulen. Für das Jahr 2023 planen mehr Schulen als in 2022, Kenntnisprüfungen durchzuführen, Vorbereitungskurse anzubieten oder sich im Rahmen von Anpassungslehrgängen zu engagieren.

Im Jahr 2020 wurden in den hessischen Pflegeschulen insgesamt 125 hauptamtliche Lehrkräfte gesucht. Etwas mehr als die Hälfte der zu besetzenden Stellen entfiel auf die ehemaligen Altenpflegeschulen. Die überwiegende Mehrheit der Schulen hat Probleme, ihren Bedarf an hauptamtlichen Lehrkräften zu decken. In den kommenden Jahren ist zudem mit einem ausgeprägten altersbedingten Ersatzbedarf zu rechnen.

Der Hessische Pflegemonitor präsentiert neue Ergebnisse. Die Beschreibungen und Analysen der hessischen Pflegearbeitsmärkte werden um aktuelle Entwicklungen erweitert. Die Daten werden sieben Themenbereichen zugeordnet. Im Themenbereich „Beschäftigung“ sind Daten zur Beschäftigtenstruktur in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen aufbereitet. Im Themenbereich „Arbeitsmarkt“ stehen Informationen zum Angebot und zur Nachfrage nach Pflegekräften zur Verfügung. Bereits zum neunten Mal wurden im Frühjahr 2023 alle hessischen Leistungserbringer der Altenhilfe sowie alle Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken zu ihrer Nachfrage nach Pflegekräften und zur Stellenbesetzungssituation befragt. Ein zusätzliches Schwerpunktthema waren Wege für die Rekrutierung von Pflegefachkräften mit besonderem Fokus auf die Anwerbung im Ausland. Mit den mittlerweile neun Messzeitpunkten können Entwicklungstrends auf dem Pflegearbeitsmarkt identifiziert und beschrieben werden. Für diese Betrachtungen wurden eigene Tabellen und Abbildungen angefertigt, die im Themenbereich „Entwicklung des Pflegearbeitsmarktes im Zeitverlauf“ zur Verfügung stehen. Darüber hinaus enthält der Pflegemonitor „Vorausschätzungen des zukünftigen Bedarfs an Pflegefachkräften“. Diese enthalten neben einer Vorausberechnung des demografiebedingten Erweiterungsbedarfs auch eine Prognose des altersbedingten Ersatzbedarfs und zwar für die Altenhilfe und die Akutkrankenhäuser. Weitere Themenbereiche im Pflegemonitor beschäftigen sich mit der „Ausbildung“ in den Pflegeberufen und mit der „Situation in den hessischen Pflegeschulen“. Die neunte Erhebungswelle nahm das Angebot an Anpassungsmaßnahmen für aus dem Ausland zugewanderte oder angeworbene Pflegefachpersonen in den Blick. In der achten Erhebungswelle stand die Lehrkräftesituation im Fokus. Der Themenbereich „Regionaldaten“ enthält Regionaldossiers für die 26 hessischen Kreise und kreisfreien Städte sowie kartografische Darstellungen.

1. Beschäftigtenbestand in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen

Aussagen über die Beschäftigung von Pflegekräften in den Einrichtungen des Gesundheitswesens und der Altenhilfe in Hessen lassen sich aus Daten der Pflege-, der Krankenhausstatistik sowie der Statistik der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ableiten.1 Die neuesten Daten, die in diesen Statistiken vorliegen, beziehen sich auf das Jahr 2021. Um Veränderungen im Zeitverlauf darstellen zu können, wurden auch Daten aus den Jahren 2003 bis 2019 herangezogen.

Nach den Daten der Krankenhausstatistik konnte der zwischen 2003 und 2005 zu beobachtende Abbau des Pflegepersonals in den Krankenhäusern schon bald gestoppt werden. Seit 2007 wächst der Beschäftigtenstand wieder. Zwischen 2019 und 2021 war ein starker Zuwachs um etwa 2.500 Pflegekräfte auf insgesamt 38.637 Pflegekräfte zu verzeichnen. Den weitaus größten Teil der Beschäftigten bildete mit 31.643 Personen die Berufsgruppe der Gesundheits- und Krankenpfleger/innen. Die Zunahme kann nicht mit einem Anstieg der in Teilzeit beschäftigten Pflegekräfte erklärt werden, da sich die Teilzeitquoten in den vergangenen Jahren kaum verändert haben. Gesundheits- und Krankenpfleger/innen waren im Jahr 2021 zu 47 Prozent in Teilzeit beschäftigt.

In den Rehabilitationskliniken geht die Anzahl der beschäftigten Pflegekräfte im Zeitverlauf zurück. Zwischen 2003 und 2021 war sie stark rückläufig. Im Jahr 2021 waren insgesamt 1.796 Pflegekräfte und damit 10 Prozent weniger als zwei Jahre zuvor beschäftigt. Wie in den Akutkrankenhäusern stellten Gesundheits- und Krankenpfleger/innen die größte Gruppe unter dem Pflegepersonal.

Die Zahl der Beschäftigten in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen nahm nach Angaben der Pflegestatistik zwischen 2003 bis 2019 kontinuierlich zu, zwischen 2019 und 2021 zeigt sich erstmals eine rückläufige Tendenz.2

In den ambulanten Diensten waren im Jahr 2021 insgesamt 30.628 Pflegekräfte tätig. Die Mehrheit sind Teilzeitbeschäftigte, wobei die Teilzeitquoten zwischen 2019 und 2021 stark gesunken sind. Auf allen Qualifikationsebenen wurden in 2021 die niedrigsten Werte im Betrachtungszeitraum erreicht. Das sonstige Pflegepersonal bildete die größte Gruppe in diesem Sektor, gefolgt von den Altenpflegern/innen. Seit 2017 sind diese zahlenmäßig stärker in den ambulanten Diensten vertreten als Gesundheits- und Krankenpfleger/innen.

In den stationären Einrichtungen waren im Jahr 2021 insgesamt 48.112 Pflegekräfte beschäftigt. Altenpfleger/innen bildeten die größte Gruppe unter den Pflegefachkräften. Stark zugenommen hat im Zeitverlauf die Zahl der beschäftigten Altenpflegehelfer/innen. Zwischen 2019 und 2021 ist die Zahl der Beschäftigten insgesamt um 12 Prozent zurückgegangen, was vor allem mit einem Rückgang des sonstigen Pflegepersonals, welches zahlenmäßig die größte Gruppe in den stationären Pflegeeinrichtungen bildet, erklärt werden kann. Wie in den ambulanten Diensten sind die Teilzeitquoten auch in den Pflegeheimen zwischen 2019 und 2021 um mehrere Prozentpunkte gesunken. Der Anteil der Vollzeitbeschäftigten hat zugenommen.

2. Pflegearbeitsmarkt im Jahr 2022 und im Zeitverlauf

Pflegekräftenachfrage

Die Pflegekräftenachfrage im Jahr 2022 konnte über eine repräsentative Befragung aller Leistungserbringer (Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken, ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen) in Hessen erfasst werden.3 Dabei wurde nach der Zahl und der genauen Qualifikation der Pflegekräfte gefragt, die für offene sowie zu besetzende Stellen vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2022 gesucht wurden.

Im Jahr 2022 wurden von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie von Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken in Hessen 22.699 Pflegekräfte gesucht.

Differenziert man nach Qualifikation und Beruf, zeigt sich, dass Altenpfleger/innen (5.733) und Gesundheits- und Krankenpfleger/innen (4.480) zahlenmäßig am häufigsten gesucht wurden. Darüber hinaus wurden 3.385 Pflegefachkräfte mit staatlich anerkannter Weiterbildung, 4.156 Pflegehilfskräfte, 2.987 Altenpflegehelfer/innen und 965 Krankenpflegehelfer/innen nachgefragt. Für Pflege(fach)kräfte mit Studienabschluss waren 369, für Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen insgesamt 624 Stellen zu besetzen.

Seit dem Jahr 2006 ist die Nachfrage nach Pflegekräften stark gestiegen. Zwischenzeitlich waren im Jahr 2012 etwas weniger Stellen zu besetzen als zwei Jahre zuvor. Dieser Trend kehrte sich jedoch seit 2014 in Richtung einer verstärkten Nachfrage auf allen Qualifikationsstufen um und blieb auch in den Jahren 2016 und 2018 bestehen. Nach dem Höchststand im Jahr 2018 lag die Nachfrage im Jahr 2020 wieder etwas niedriger, was vor allem auf einen Nachfragerückgang in ambulanten Pflegediensten zurückzuführen ist. Seither ist die Nachfrage um 19 Prozent gestiegen. Sämtliche Pflegeberufe und Qualifikationen wurden im Jahr 2022 stärker nachgefragt als zwei Jahre zuvor.

Der Umfang der Nachfrage und – soweit relevant – die Art der fachlichen Ausrichtung variierten zwischen Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken sowie ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen bei den unterschiedlichen Qualifikationen beträchtlich. So wurden im Jahr 2022 bspw. mehr als sechs von zehn aller gesuchten Gesundheits- und Krankenpfleger/innen, aber nur gut ein Drittel der Krankenpflegehelfer/innen von Krankenhäusern nachgefragt.

Pflegekräftesituation

Die Nachfrage nach Pflegekräften wurde mit dem verfügbaren Angebot4 zusammengeführt, um zu einer Einschätzung der Pflegekräftesituation im Jahr 2022 zu gelangen. Diese Einschätzung dient insbesondere der Identifikation von regionalen Angebotsengpässen, die keine ausreichende Befriedigung der Nachfrage ermöglichen können.

Während im Jahr 2006 für alle Qualifikationsstufen das Angebot größer war als die Nachfrage, kehrte sich die Situation auf dem Pflegearbeitsmarkt im Jahr 2008 um. In keinem der betrachteten Pflegeberufe und auf keiner der betrachteten Qualifikationsstufen reichte das Angebot aus, um die Nachfrage zu decken. In den Folgejahren variierte lediglich das Ausmaß der Engpässe. Auch im Jahr 2022 konnte in keinem der betrachteten Pflegeberufe die Gesamtnachfrage der Einrichtungen der Alten- und Krankenpflege gedeckt werden.

Ein besonders hoher Fachkräfteengpass ergab sich im Jahr 2022 für Altenpfleger/innen. In dieser Berufsgruppe wurden 3.535 Personen mehr gesucht, als an Angebot zur Verfügung standen. Auch bei den Gesundheits- und Krankenpfleger/innen überstieg die Nachfrage das Angebot mit 2.451 Personen deutlich. Ebenfalls groß war die Lücke bei Pflegefachkräften mit staatlich anerkannter Weiterbildung (-1.944 Köpfe) und bei den Pflegehelfern/innen: Es fehlten 1.339 Alten- und 541 Krankenpflegehelfer/innen. Auf ausgesprochen hohem Niveau lag erstmals auch der Engpass für Pflegehilfskräfte (-1.623 Personen). Zudem fehlten dem hessischen Pflegearbeitsmarkt 376 Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen und 166 akademisch qualifizierte Pflegekräfte.

Im Vergleich zum Jahr 2020 war die Arbeitsmarktsituation in 2022 deutlich stärker angespannt. Die Engpässe sind größer geworden und betrafen sämtliche Qualifikationsebenen. Verantwortlich für diese Entwicklung ist vor allem die stark gestiegene Nachfrage nach Pflegekräften (insbesondere in Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen). Das Angebot an Pflegefachkräften und staatlich anerkannten Pflegehelfern/innen ist zwischen 2020 und 2022 zwar ebenfalls gewachsen, der Angebotszuwachs fiel allerdings deutlich geringer aus als die Nachfrageentwicklung.

Im Vergleich der regionalen Arbeitsmärkte ergaben sich deutliche Unterschiede. Vereinzelt wurden Angebotsüberhänge sichtbar. Das Angebot an staatlich geprüften Altenpflegern/innen reichte im Jahr 2022 nur in der Stadt Darmstadt aus, um die Nachfrage der Einrichtungen zu decken. Die in absoluten Zahlen größten Engpässe ergaben sich in der kreisfreien Stadt Frankfurt, im Landkreis Kassel und im Landkreis Bergstraße. Auch für Gesundheits- und Krankenpfleger/innen war der Arbeitsmarkt im Jahr 2022 in den allermeisten Regionen Hessens im Ungleichgewicht. Im Wetteraukreis war die Lücke in absoluten Zahlen am größten. Lediglich in den Landkreisen Groß-Gerau und Limburg-Weilburg überstieg das Angebot die Nachfrage.

Die absoluten Zahlen zu Überhängen oder Engpässen geben einen ersten Überblick zur Arbeitsmarktsituation. Genauer ist allerdings eine relative Betrachtung der Salden bezogen auf den Beschäftigtenbestand. Dafür werden die Überhänge bzw. Engpässe in Beziehung zum Beschäftigtenstand in den jeweiligen Regionen gesetzt. Grundlage für die Berechnung sind die Beschäftigtendaten aus der Pflegestatistik, der Krankenhausstatistik und der Statistik der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen für das Jahr 2021.

Setzt man die Salden in Relation zum aktuellen Beschäftigtenstand, so wird erkennbar, wie hoch die Unterdeckung im Verhältnis zum Beschäftigtenstand in der jeweiligen Berufsgruppe ausfällt. Demnach fehlten bezogen auf den Beschäftigtenbestand bei den Altenpflegern/innen 15 Prozent. Die Engpässe für Gesundheits- und Krankenpfleger/innen waren mit 7 Prozent geringer ausgeprägt. Der Engpass bei der Kinderkrankenpflege betrug 10 Prozent. Bei den Altenpflegehelfern/innen betrug die Relation 22 Prozent, für Krankenpflegehelfer/innen 15 Prozent. Auch dieser Indikator deutet also auf eine äußerst angespannte Pflegearbeitsmarktlage insbesondere auch bei den staatlich anerkannten Pflegehelfern/innen hin.

Als weiterer Indikator können die Angaben der Einrichtungen zur Stellenbesetzungssituation dienen. Nicht nur die Einrichtungen der Altenhilfe, sondern auch die Krankenhäuser waren zum Teil mit massiven Stellenbesetzungsproblemen konfrontiert. Im zeitlichen Vergleich hat das Ausmaß der Stellenbesetzungsprobleme zugenommen.

Um diese abzufedern, haben 61 Prozent der Krankenhäuser und 49 Prozent der stationären Pflegeeinrichtungen im Jahr 2022 dauerhaft oder gelegentlich Leiharbeitskräfte eingesetzt. Weniger stark verbreitet war deren Einsatz in ambulanten Pflegeeinrichtungen und Rehabilitationskliniken. Während der Anteil der Einrichtungen und Kliniken, die Leiharbeit nutzen, zwischen 2018 und 2020 zugenommen ist, lag er in 2022 etwas niedriger als zwei Jahre zuvor.

Erstmals hat der Hessische Pflegemonitor bei der Erhebung des Jahres 2023 unterschiedliche Rekrutierungswege für Pflegefachpersonen in den Blick genommen. Mit 55 Prozent kam die Mehrheit der im Jahr 2022 neu eingestellten Altenpfleger/innen, Krankenpfleger/innen und Kinderkrankenpfleger/innen in allen vier Versorgungssektoren aus einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber. 26 Prozent waren Absolventen/innen der drei Fachkraftausbildungen, 12 Prozent sind aus dem Ausland zugewandert oder angeworben worden. Nur 2 Prozent der neu eingestellten Pflegefachpersonen kamen aus Arbeitslosigkeit. Deutlich mehr Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken als Einrichtungen der Altenhilfe haben im Jahr 2022 aktiv Pflegefachpersonen im Ausland angeworben. 47 Prozent der Krankenhäuser und 20 Prozent der Rehabilitationskliniken haben sich entsprechend engagiert. 15 Prozent der stationären und nur 6 Prozent der ambulanten Pflegeeinrichtungen haben Anwerbeerfahrungen gesammelt. Für das Jahr 2023 planen in allen vier Versorgungsbereichen mehr Einrichtungen als in 2022, aktiv Pflegekräfte im Ausland anzuwerben.

3. Vorausschätzung des zukünftigen Bedarfs an Pflegefachkräften

Aufgrund des demografischen Wandels ist es notwendig, neben einer Analyse der aktuellen Situation auch einen Blick in die Zukunft zu wagen. Der Hessische Pflegemonitor sieht daher in seiner Konzeption auch ein Modul für Prognosen vor, welches die Entwicklung des Pflegekräftebedarfs bis 2040 für die Beschäftigungssektoren der Altenhilfe und der Akutkrankenhäuser vorausschätzt.

Im Jahr 2021 gab es hessenweit einen Beschäftigtenstand von insgesamt 14.787 Altenpfleger/innen in den Einrichtungen der Altenhilfe (in Vollzeitäquivalenten). Auf Basis der Berechnungen ergibt sich für das Jahr 2040 ein Bedarf von 22.758 Altenpfleger/innen. Dieser zukünftige, durch die wachsende Anzahl an pflegebedürftigen Menschen hervorgerufene Bedarf lässt sich mit dem Beschäftigtenbestand von 2021 alleine nicht bewältigen. Bei Fortschreibung des rechnerisch ermittelten Verhältnisses von Pflegekraft zu Pflegebedürftigen ergibt sich für ganz Hessen im Beschäftigungssektor Altenhilfe ein Erweiterungsbedarf an 7.971 Altenpfleger/innen für 2040. Gemessen am Beschäftigtenstand von 2021 entspricht dies einem demografiebedingten Erweiterungsbedarf von 55 Prozent bis zum Jahr 2040.

Der Bestand der in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen tätigen Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen betrug im Jahr 2021 6.984 Vollzeitäquivalente. Schreibt man das rechnerisch ermittelte Verhältnis von Pflegefachkraft zu Pflegebedürftigen fort, ergibt sich für das Jahr 2040 ein Bedarf in Höhe von insgesamt 10.894 Vollzeitäquivalenten. Dies entspricht einem Erweiterungsbedarf von 3.910 Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen für 2040. Gemessen am Beschäftigtenstand von 2021 entspricht dies einem demografiebedingten Erweiterungsbedarf von 56 Prozent.

Hinzu kommt, dass in den kommenden Jahren ein beträchtlicher Teil der derzeit in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen beschäftigten Pflegefachkräfte altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden wird. Für die Vorausberechnung dieses altersbedingten Ersatzbedarfs wurde von einem durchschnittlichen Renteneintrittsalter von 62 Jahren ausgegangen. Von den 14.787 im Jahr 2021 tätigen Altenpfleger/innen müssen 7.235 bis zum Jahr 2040 ersetzt werden. Dies entspricht einem altersbedingten Ersatzbedarf von 49 Prozent, bezogen auf den Beschäftigtenbestand 2021.

Bei der Berufsgruppe der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen liegt der altersbedingte Ersatzbedarf höher als für Altenpfleger/innen. Von den derzeit beschäftigten 6.984 Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpfleger/innen müssen 4.084 bis zum Jahr 2040 ersetzt werden. Der altersbedingte Ersatzbedarf im Prognosezeitraum liegt bei 58 Prozent.

Betrachtet man demografiebedingten Erweiterungs- und altersbedingten Ersatzbedarf zusammen, entsteht ein vollständiges Bild des zukünftigen Personalbedarfs. Hessenweit muss für die Berufsgruppe der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen in der Altenhilfe der Beschäftigtenstand des Jahres 2021 bis zum Jahr 2040 um 114 Prozent erweitert werden (in Vollzeitäquivalenten). Um den zukünftigen Bedarf für die Berufsgruppe der Altenpfleger/innen zu decken, ist eine Erweiterung um 103 Prozent notwendig. Für beide Berufsgruppen ergeben sich hinsichtlich des demografie- und altersbedingten Erweiterungs- bzw. Ersatzbedarf regionale Unterschiede.

Auch die Akutkrankenhäuser sind mit einem demografiebedingten Erweiterungsbedarf und einem altersbedingten Ersatzbedarf konfrontiert. Der Erweiterungsbedarf fällt allerdings mit 2.894 zusätzlich benötigten Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen in Vollzeit und 156 Altenpfleger/innen bis zum Jahr 2040 deutlich geringer aus als in der Altenhilfe. Um den derzeitigen Personalschlüssel zu halten, muss der Beschäftigtenstand in beiden Berufsgruppen um je 13 Prozent aufgestockt werden.

Anders sieht es beim altersbedingten Ersatzbedarf aus: Bis 2040 werden mit 51 Prozent der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen und 45 Prozent der Altenpfleger/innen erhebliche Teile des Beschäftigtenbestandes altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Von den 21.820 im Jahr 2021 in den Kliniken tätigen Gesundheits- und
(Kinder-)Krankenpfleger/innen werden voraussichtlich 11.211 Vollzeitäquivalente altersbedingt ausscheiden. Von den 1.170 beschäftigten Altenpflegern/innen werden 525 in Rente gehen.

In Summe muss der Beschäftigtenstand für die Berufsgruppe der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/innen in Akutkrankenhäusern bis 2040 um 65 Prozent erweitert werden. Für Altenpfleger/innen machen Erweiterungs- und Ersatzbedarf 58 Prozent bezogen auf den Beschäftigtenstand 2021 aus.

4. Ausbildungssituation im Jahr 2022

Mehr als 8.500 Personen absolvierten im Schuljahr 2022/2023 die Ausbildung zum Pflegefachmann/zur Pflegefachfrau. Etwa 1.500 Personen befanden sich in einer einjährigen Pflegehelferausbildung. Während die Schülerzahlen in der Krankenpflegehilfe zuletzt gestiegen sind, deutet sich in der Altenpflegehilfe ein Rückgang an.

Auch gestaltet sich die Besetzung der praktischen Ausbildungsplätze weiterhin zum Teil schwierig. In den ausbildenden Krankenhäusern konnte der Großteil der angebotenen Ausbildungsplätze im Jahr 2022 besetzt werden. Die Besetzungsquoten lagen mit 81 Prozent für Pflegefachkräfte und 78 Prozent für Pflegehelfer/innen zwar niedriger als zwei Jahre zuvor, aber immer noch deutlich höher als in der Altenhilfe. In den stationären Pflegeeinrichtungen konnten gut zwei Drittel der Ausbildungsplätze für die dreijährige und 63 Prozent der Plätze für die einjährige Ausbildung besetzt werden. Diese Quoten lagen niedriger als noch in 2020. In den ambulanten Pflegediensten konnten gut drei Viertel aller Ausbildungsplätze und damit mehr als zwei Jahre zuvor besetzt werden. Allerdings engagieren sich deutlich weniger ambulante als stationäre Pflegeeinrichtungen als Träger der praktischen Ausbildung.

Stellt man die Absolventen/innen der Ausbildung im Jahr 2022 dem Beschäftigtenstand gegenüber, zeigt sich eine höhere Ausbildungsintensität in der Altenpflege als in der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege. In der Altenpflege machten die Absolventen/innen 6,2 Prozent am Beschäftigtenstand aus, in der (Kinder-)Krankenpflege 3,6 Prozent. Seit 2020 hat die Ausbildungsintensität zugenommen. Darüber hinaus variiert sie im regionalen Vergleich.

5. Situation in den hessischen Pflegeschulen

In der Erhebungswelle des Jahres 2023 wurden die hessischen Pflegeschulen nach ihrem Angebot an Anpassungsmaßnahmen für Pflegefachkräfte aus dem Ausland gefragt.5 Im Jahr 2022 haben 18 Prozent der hessischen Pflegeschulen Kenntnisprüfungen durchgeführt, 7 Prozent haben zudem Vorbereitungskurse für die Kenntnisprüfung angeboten. Stärker verbreitet war das Engagement im Rahmen von Anpassungslehrgängen: 32 Prozent der Pflegeschulen haben Abschlussgespräche zu Anpassungslehrgängen durchgeführt, 23 Prozent haben Unterricht im Rahmen von Anpassungslehrgängen angeboten.

Die ehemaligen Krankenpflegeschulen haben im Jahr 2022 in weit höherem Maße Anpassungsmaßnahmen angeboten als die ehemaligen Altenpflegeschulen. Im Jahr 2023 kann allerdings insgesamt von einem höheren Engagement der Pflegeschulen ausgegangen werden. 30 Prozent der ehemaligen Altenpflegeschulen planen, im Jahr 2023 Kenntnisprüfungen abzunehmen, 18 Prozent wollen zudem Vorbereitungskurse anbieten. Unterricht im Rahmen von Anpassungslehrgängen planen 11 Prozent der Schulen, 13 Prozent wollen sich an Abschlussgesprächen beteiligen. Auch unter den ehemaligen Krankenpflegeschulen plant für 2023 ein höherer Anteil als noch in 2022, sich im Rahmen von Kenntnisprüfungen zu engagieren.

In regelmäßigen Abständen ist die Lehrersituation in den hessischen Pflegeschulen ein Schwerpunktthema im Hessischen Pflegemonitor, zuletzt im Jahr 2021. Die Befragung der Schulleitungen im Jahr 2021 ergab, dass im Jahr 2020 hessenweit 125 hauptamtliche Lehrkräfte gesucht wurden.6 65 Stellen waren in ehemaligen Altenpflegeschulen zu besetzen, 59 in ehemaligen Krankenpflegeschulen. Knapp die Hälfte der Arbeitsplätze wurden im Jahr 2020 mit Lehrkräften mit einem nach § 2 Pflegeschulenverordnung (PflegeschulenV) einschlägigen Hochschulabschluss besetzt.

Stellenbesetzungsprobleme haben etwa 7 von 10 Schulen angegeben, wobei der Anteil unbesetzter Stellen in ehemaligen Altenpflegeschulen mit 46 Prozent deutlich höher lag als in den ehemaligen Krankenpflegeschulen (29 Prozent). Seit 2018 sind die Schwierigkeiten der ehemaligen Altenpflegeschulen bei der Rekrutierung von Lehrkräften größer geworden.

Im Jahr 2021 waren in Hessen 776 hauptamtliche Lehrkräfte in Pflegeschulen beschäftigt.7 45 Prozent davon erfüllten die qualifikatorischen Vorgaben nach § 2 PflegeschulenV und verfügten über einen einschlägigen Master- oder Bachelor-Abschluss. In den ehemaligen Krankenpflegeschulen war der Anteil an akademisch qualifizierten Lehrkräften mit 49 Prozent höher als in den ehemaligen Altenpflegeschulen, wo er 39 Prozent betrug.

Geht man von einem Renteneintrittsalter von 65 Jahren aus, wird in den Pflegeschulen bis zum Jahr 2031 insgesamt 26 Prozent des Bestandes an Hauptamtlichen in Rente gehen. Bis 2036 werden sogar 44 Prozent der Beschäftigten ihre Lehrtätigkeit altersbedingt aufgeben. Am höchsten fällt der altersbedingte Ersatzbedarf im Regierungsbezirk Gießen aus. Die ehemaligen Altenpflegeschulen sind in stärkerem Maße mit dem altersbedingten Ersatzbedarf konfrontiert als die ehemaligen Krankenpflegeschulen.